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Schwarzer Tourismus – Reisen zwischen Aufklärung und Sensationsgier

Schwarzer Tourismus - Dark Tourism - Besuch im Aida Flüchtlingslager in Bethlehem www.gindeslebens.com

Schwarzer Tourismus - Besuch im Aida Flüchtlingslager in Bethlehem

Schwarzer Tourismus und Katastrophentourismus. Es gibt Orte, die möchte man eigentlich nicht besuchen, aber man macht es dennoch. Dark Tourism – Reisen zwischen Aufklärung und Sensationsgier.

Schwarzer Tourismus und Katastrophentourismus – Reisen zwischen Aufklärung und Sensationsgier

Inspiriert von der Blogparade Schwarzer Tourismus von Michelle von The Road Most Traveled haben auch wir uns mit dem Thema beschäftigt. Was ist überhaupt Schwarzer Tourismus, welche Orte zählen dazu und unser Standpunkt zum Dark Tourism.

Was ist überhaupt schwarzer Tourismus?

Schwarzer Tourimus (Dark Tourism) ist ein schmaler Grad zwischen Aufklärung und Sensationsgier. Es gibt Orte, die möchte man eigentlich nicht besuchen, aber man macht es dennoch. Dazu zählen Orte wie Kriegsschauplätze, Katastrophengebiete wie Fukushima oder Tschernobyl oder eben der Besuch in einem ehemaligen Konzentrationslager, einem Flüchtlingslager oder einem der unzähligen Armenviertel und Slums der Welt. Nicht immer ist so ein Besuch ungefährlich – das muss man sich unbedingt bewusst machen.

© Cakes_Stencils – Streetart und Murals in Bethlehem Palästina

Schwarzer Tourismus – wir waren in einem Flüchtlingslager in Palästina

Wir waren heuer im Jänner in Jordanien, Israel und Palästina und sind dabei eher durch einen unglücklichen Zufall in ein Flüchtlingslager gekommen. Der Nahostkonflikt ist wohl noch lange nicht vorbei und auch heute noch leben viele vertriebene PalästinenserInnen in zahlreichen Flüchtlingslagern. Während unserem Besuch in Palästina treffen wir einen Flüchtling. Wir unterhalten uns locker mit ihm und er will und noch etwas zeigen. Aus dieser, anfangs als freundliche Geste interpretierte Handlung, wird aber rasch ernst. Plötzlich stehen wir auf einem Friedhof, gleich neben der Separation Wall in Bethlehem, mitten im Flüchtlingslager und stehen im Visier von israelischen Scharfschützen.

Separation Wall – die Mauer zwischen Israel und Palästina

Rasch wird uns bewusste, dass es kein Spaß mehr ist, sondern ernst und wir uns in Gefahr begeben haben. Dennoch sind wir froh, dass wir es gemacht haben. Nicht weil wir waghalsig unser Leben aufs Spiel setzen wollen, sondern weil einem so erst bewusst wird, welche menschlichen Missstände noch auf der Welt herrschen, während wir uns Gedanken über scheinbar bedeutungslose Dinge des täglichen Lebens machen. Die gesamte Reise war sehr prägend für uns, aber vor allem dieses eine Erlebnis werden wir wohl so schnell nicht mehr vergessen.

Schlüssel als Symbol für die verlorenen Häuser

Streetart und Dark Tourism

Wir lieben Streetart, aber hinter vielen Kunstwerken stecken auch traurige Geschichten. So zum Beispiel die Murals in Belfast, die Werke von Banksy oder auch Cakes_Stencils in Bethlehem. Sie beschäftigen sich mit den Auswirkungen des Nordirlankonflikts und dem Konflikt um das Westjordanland. Beide Konflikte sind auch heute noch, mal mehr und mal weniger, präsent, werden jedoch meist erst thematisiert, wenn sich wieder ein Anschlag ereignet und dabei Menschen zu schaden kommen.

 

Schwarzer Tourismus – Reisen zwischen Aufklärung und Sensationsgier

Wir haben von dem Flüchtlingscamp auch einige Fotos gezeigt und haben dafür auch einige sehr kritische Kommentare bekommen, aber genau das ist das Ziel. Mit dieser Form von Tourismus soll nämlich auf solche kritischen Situationen aufmerksam gemacht werden. Für uns hat Dark Tourism nichts mit Sensationsgier zu tun sondern soll dazu dienen, das eigene Bewusstsein für die dunkle Geschichte der Welt zu bilden.

 

Dark Tourism und die dunklen Geschichten dahinter

Als Blogger haben wir es uns auch zum Ziel gesetzt, auf solche dunklen Orte aufmerksam zu machen und die Hintergründe aufzuzeigen. Es geht darum, Geschichten zu erzählen, auch wenn diese nicht schön sind. Eine Geschichte, die uns dabei sehr am Herzen liegt ist der Tod des 13-jährigen Aboud Shadi. Direkt am UN Stützpunkt im Flüchtlingslager hängt das Foto eines Jungen. Mit der Überschrift „Message by Abdulrahman“

My name is Aboud Shadi, a 13 year old Palestinian refugee. I was standing just right here hanging with my friends, when an Israeli sniper shot me dead. My soul will remain here chasing the killer and motivating my classmates. I wonder whether the international community will bring justice to Palestinian children.“

Die Geschichte vom Tod des 13-jährigen Aboud Shadi

 

Dark Tourism – so bitte nicht!

In den letzten Monaten kam immer wieder die Diskussion auf, ob man solche Orte besuchen soll. Es kursierten Bilder im Netz von sogenannten Influencern, die fröhlich in Tschernobyl posieren. Dazu von unserer Seite ein ganz klares: NEIN!! Wir finden es wichtig, dass auch solche Orte gezeigt werden, aber der Besuch sollte nicht aus Sensationsgier heraus passieren, sondern weil man auf ein Thema aufmerksam machen möchte. Es ist wichtig, dass man sich dem Ort entsprechend verhält. Posen für ein perfektes Foto für Instagram zählt unserer Meinung nach definitiv nicht dazu.
Es ist besonders wichtig, dass man solchen Orten mit Respekt und Fingerspitzengefühl begegnet. Selbstinszenierung und Sensationsgier haben hier nichts verloren.

 

Das könnte euch auch gefallen

Unseren Beitrag vom Besuch im Aida Flüchtlingslager in Bethlehem könnt ihr hier nachlesen: Aida Flüchtlingslager Bethlehem Palästina.

Weitere Berichte zum Thema schwarzer Tourismus findet ihr bei Michelle von The Road Most Traveled.

Murals in Belfast – Streetart, eine Kunstform die Geschichte erzählt

Palästina und Israel – der Konflikt um das Westjordanland

Banksy in Bethlehem – Streetart und Murals in Palästina

Cakes_Stencils in Bethlehem – Streetart und Murals in Palästina

Ramallah Palästina – Infos, Highlights, Tipps & Sehenswürdigkeiten

Jassir Arafat, sein Kampf um Palästina & Yasser-Arafat-Museum Ramallah